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Zeitenwende in der Nierenersatztherapie

14. Kölner KfH-Heimdialysekongress: Neue Technologien, zukunftsweisende Programme und ökologische Aspekte sprechen für die mobile, selbstbestimmte Dialyse zu Hause

Neue Technologien, zukunftsweisende Programme, Behandlungsvorteile und ökologische Aspekte der Dialyse zu Hause standen beim 14. Kölner Heimdialysekongress des KfH am 26./27. April im Mittelpunkt. Der vom gemeinnützigen KfH ausgerichtete internationale Fachkongress mit 16 Vorträgen, einem Workshop-Block und einer Podiumsdiskussion ist der einzige seiner Art in Europa, der sich ausschließlich mit Heimdialyseverfahren befasst. Über 280 Fachleute aus der Nephrologie, Berufsgruppen und Patientenvertretungen nahmen vor Ort teil, mehr als 100 weitere digital; noch nie hatten so viele Menschen den Kongress seit seiner Gründung besucht.

Heimdialyseverfahren wie die Peritonealdialyse (PD) und die Heimhämodialyse (HHD) sind in Deutschland im internationalen Vergleich unterrepräsentiert, obwohl sie die bestmögliche Lebensqualität bei gleichwertiger Qualität der Behandlung ermöglichen und auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit Vorteile mit sich bringen. Nur knapp sieben Prozent der dialysepflichtigen Menschen in Deutschland behandeln sich selbst zu Hause, unter den rund 18.000 KfH-Patientinnen und -Patienten sind es zehn Prozent. Dr. Benno Kitsche, Geschäftsleiter Heimdialyse im KfH und einer der wissenschaftlichen Leiter des Kongresses, sieht hohen Bedarf für alternative Konzepte wie der Heimdialyse, damit die drei großen Herausforderungen für die Dialyse der Zukunft bewältigt werden könnten: die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten, den Wasser- und Energiebedarf der Dialyse zu reduzieren sowie genügend Personal vorzuhalten. Kitsche sagt: „Der Wunsch der Patientinnen und Patienten ist heute nicht mehr, zu überleben, sondern eine gute Lebensqualität zu haben. Heimdialyse ist genau die Behandlungsform, die ihnen das ermöglicht.“ Er sieht den Kongress als „Initiative des KfH für die gesamte deutsche Nephrologie“, die Antworten liefert.

Die Idee zum Heimdialysekongress entstand vor rund 30 Jahren durch Dr. Michael Nebel, stellvertretender Vorsitzender im KfH-Präsidium, früher leitender Arzt im KfH-Nierenzentrum Köln-Merheim. Inzwischen zeige der weltweit größte Kongress für Heimdialyse mit internationaler Besetzung, so der KfH-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. med. Dieter Bach, „wie aus kleinen Gedanken große Dinge entstehen können“. Bach verwies in Köln auf die vielen Argumente pro Heimdialyse, unterstrich die Bedeutung von Innovationen sowie die Notwendigkeit von industrieller Unterstützung und leitete damit den Hauptvortrag des Kongresses ein.

Selbstbestimmte Behandlung mit mobilen Geräten

Der in Singapur ansässige Chemiker Dr. Christian Blüchel stellte erstmals öffentlich die von ihm entwickelte Sorbent-Technologie vor, die kleinere wasser- und damit energiesparende Dialysemaschinen möglich macht. Mit zehn Kilogramm Gewicht passt das von Blüchel entwickelte Gerät sogar im Flugzeug ins Handgepäck. Zentrales Element der neuen Methode ist eine sogenannte Sorbent-Kartusche, welche die verbrauchte Dialysatlösung reinigt, sodass sie in der laufenden Behandlung wiederverwendet werden kann. Kitsche sieht mit der neuen Technologie für mobile, kleine und ökologische Geräte „eine Zeitenwende“ kommen: „Es wird die Welt der Nierenersatztherapie verändern, wenn nicht mehr 350 bis 600 Liter Trinkwasser pro Dialysebehandlung verbraucht werden, sondern nur fünf Liter.“ Blüchel erläutert: „Anstelle von Maschinen, die Zeit und Ort der Dialyse bestimmen, können dann Patientinnen und Patienten über Zeit und Ort ihrer Dialysebehandlung entscheiden.“ Der Entwickler schätzt, dass schon in anderthalb Jahren die Zulassung für die Geräte vorliegen kann. Er sieht darin eine „disruptive Innovation“, nachdem die Technik der Hämodialyse in den vergangenen 40 Jahren nur vergleichsweise geringfügig verbessert wurde. Für ihn sei sehr wichtig gewesen, die neue Technologie auf dem Kongress in Köln vorzustellen „und hier die Fragen zu hören, damit das Gerät so gebaut werden kann, wie es von den tatsächlichen Anwenderinnen und Anwender gewünscht wird“. Auch das Feedback der Patientinnen und Patienten sei von großer Bedeutung, „um zu vermeiden, dass wir an ihnen vorbei entwickeln“.

Aufklärung und Peritonealdialyse

Neben neuer Technologie kann auch eine bessere Aufklärung der Patientinnen und Patienten der Heimdialyse einen Schub geben, wie Dr. Heike Martin vom Nephrologischen Zentrum Zwickau veranschaulichte. Sie schilderte, wie ab 2004 in Zwickau ein PD-Programm aufgebaut wurde und wie wichtig ein gutes ärztliches Aufklärungsgespräch für die Patientin oder den Patienten ist. Eine entscheidende Frage dabei: Was ist ihnen wichtig für die Zukunft? Martin erinnerte daran: Patientinnen und Patienten seien stolz, wenn Arzt oder Ärztin denken, sie schaffen das mit der Heimdialyse. „Gesagtes kann vergessen werden, Gefühle nicht.“

Ein leidenschaftliches Plädoyer für die PD hielt PD Dr. Heike Bruck, leitende Ärztin im KfH-Nierenzentrum Krefeld. Sie räumte mit häufigen Missverständnissen und Vorurteilen auf, etwa dem mutmaßlich hohen Infektionsrisiko oder einer eingeschränkten Wirksamkeit des Verfahrens. Dabei sei auch die Möglichkeit zur Assistierten Dialyse wichtig. Studien zum Beispiel aus Frankreich, Großbritannien und Kanada zeigten, dass weniger Wechsel in die Hämodialyse erfolgen, wenn Assistierte PD angeboten werden kann. Bruck legte aber auch einen Finger in die Wunde: „In all diesen Programmen fehlt die Einbindung der Kostenträger.“ Passend folgten danach von Prof. Dr. Clemens Cohnen vom KfH-Nierenzentrum München-Harlaching Ausführungen dazu, wie sich die Drop-out-Rate in der PD reduzieren lässt. Er skizzierte zentrumsrelevante Faktoren (eine große Zahl von Patientinnen und Patienten sowie ein interdisziplinärer Austausch können sich positiv auswirken), Behandlungs-Faktoren (Aufklärung und Training der Patientinnen und Patienten kann vor Peritonitis schützen) sowie die „oft entscheidenden“ psychosozialen Faktoren (Depressionen müssen beachtet werden). Cohens Fazit: „Nur zufriedene Patientinnen und Patienten bleiben bei dem Verfahren.“

Dem Thema PD und Sexualität widmete sich Dr. Gabi Eden vom Städtischen Klinikum Braunschweig mit einem Überblick über die nicht allzu umfangreiche Datenlage. Neben Erkenntnissen wie der Überbetonung der erektilen Dysfunktion des Mannes und wenig Aufmerksamkeit für die weibliche Sexualität beim Thema widmete sich Eden Therapieoptionen wie der Optimierung von Dialysequalität, Bluthochdruck und Diabetes mellitus oder der Medikamentenanamnese. Auch psychische Faktoren können von Bedeutung sein. Eden verwies auf eine Studie, nach der 85 Prozent der Nephrologinnen und Nephrologen finden, dass dem Thema Sexualität in der nephrologischen Praxis nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird. Zugleich seien bei der Ärzteschaft aber auch Hemmungen festzustellen, mit den Patientinnen und Patienten hierüber zu reden.

Assistierte Dialyse und die Patientensicht

Mit einem eigenen Tagungsblock nahm diesmal die Assistierte Dialyse zu Hause viel Platz im Kongressprogramm ein. Bei dieser Behandlungsform unterstützen Angehörige oder Pflegedienste bei der Dialyse. Über seine Erfahrungen mit der Assistierten PD in einem Projekt seit 2006 referierte Prof. Dr. Martin Wiesholzer vom Universitätsklinikum St. Pölten in Österreich. Entscheidende Faktoren für das Gelingen seien Netzwerke, sowohl zwischen dem nephrologischen Zentrum und den durchführenden Assistentinnen und Assistenten eines Pflegediensts als auch zu Angehörigen und Hausärztinnen und -ärzten. Wiesholzer verwies auf den Mangel an Pflegepersonal, da diese Form der Assistierten Dialyse in Österreich nur von nephrologischem Fachpersonal durchgeführt werden darf.

Dr. Hendrik Dannemeyer vom Anbieter Nephrocare aus Hamburg schilderte Erfahrungen aus einem Projekt der außerklinischen Intensivpflege von 19 Beatmungspatientinnen und -patienten mit kleinen portablen Hämodialysemaschinen. Er verdeutlichte den organisatorischen wie kommunikativen Aufwand in diesem Spezialgebiet und erörterte Problemstellungen wie die Beachtung des Phosphatspiegels bei der Sondenernährung. Einen speziellen Einblick in die Assistierte PD gab Evelyn Lang als Vertreterin einer Krankenkasse, wo der Leistungskatalog noch keine häusliche Krankenpflege für die Heimdialyse vorsieht. Daher ist eine Einzelfallentscheidung notwendig. Vorher müssten jeweils die Fahrtkosten im Vergleich zur Dialyse in einem Zentrum gegengerechnet werden. Ein strukturelles Problem in der Versorgung, das unter dem Aspekt der Lebensqualität angegangen werden müsse, wie Kitsche nach Langs detailreichen Ausführungen bilanzierte. Den Block zur Assistierten Dialyse schloss Prof. Dr. Elke Schäffner von der Berliner Charité ab. Sie gab einen Einblick in die „Comprehensive Conservative Care“ bei chronischem Nierenversagen. Damit möchte sie das Bewusstsein dafür schaffen, dass es in hohem Lebensalter und bei Gebrechlichkeit nicht nur die Dialyse als passende Therapieoption gebe. Wissenschaftliche Daten zeigten, dass den Patientinnen und Patienten die Lebensqualität oft wichtiger sei als die Lebensverlängerung. So könnten die Kontrolle von Schmerz und anderen Symptomen im Fokus stehen. Wichtig sei hierbei vor allem die gemeinsame Entscheidungsfindung von Patientin und Patient und Ärztin und Arzt sowie die Beachtung kognitiver Dysfunktionen. Das erfordere Fingerspitzengefühl.

Tradition hat, dass in Köln die Patientinnen und Patienten aktiv eingebunden werden. Für mehr Heimdialyse sprach sich auch Jörg Rockenbach, Vorsitzender des deutschlandweiten Netzwerks Heim Dialyse Patienten e.V., aus. Er berichtete von seiner inzwischen 21-jährigen HHD mit sechs dreistündigen Behandlungen pro Woche: „Die selbstbestimmte Dialyse ist das Nonplusultra für mich.“ Rockenbach fährt rund 4.000 Kilometer im Jahr mit dem Rad und hat 2023 das Deutsche Sportabzeichen in Gold absolviert. Er appellierte an die Ärztinnen und Ärzte gut über alle Dialyseverfahren zu informieren und geeignete Betroffene zum eigenverantwortlichen Heimverfahren zu ermutigen.

Kinder und Grüne Dialyse

Dass das KfH die große Mehrheit der nierenkranken Kinder in Deutschland betreut, zeigte sich im Vortrag von Dr. Christina Taylan vom KfH-Nierenzentrum für Kinder und Jugendliche in Köln, die auch der wissenschaftlichen Leitung des Kongresses angehörte. Taylan schilderte Voraussetzungen, Besonderheiten und die Umsetzung von Urlaub mit dialysepflichtigen kleinen Patientinnen und Patienten – ob am Strand, in den Bergen oder auf dem Schiff. Bei der logistischen Vorbereitung und Umsetzung ist das KfH behilflich, je nach Reiseziel sind aber bis zu sechs Monate zur Vorbereitung notwendig.

Die Bedeutung der Heimdialyse für einen besseren CO2-Abdruck der Dialyseverfahren illustrierte Dr. Hans Peter Barth vom Unternehmen GreenTec Dialysis, das Konzepte für nachhaltige Technologien in Dialysezentren entwickelt. Mit vielen Zahlen zu Wasser-, Strom- und Kunststoffverbrauch unterstrich der Experte, dass Heimdialyseverfahren im Vergleich zu Zentrumsverfahren zur Verringerung des CO2-Abdrucks beitragen können und PD in dieser Hinsicht einen Vorteil gegenüber der Hämodialyse zu haben scheint. „Ein Thema, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen“, bilanzierte hier Dr. Frank Merkel aus der wissenschaftlichen Kongressleitung.

Prof. Dr. Werner Kleophas vom Anbieter DaVita Deutschland unterstrich zum Abschluss des ersten Kongresstages die Bedeutung der Heimdialyse für einen Dialyse-Provider in Deutschland. Auch mit Blick auf den Fachkräftemangel müsse man sich mit diesem Verfahren beschäftigen. Interesse sei durchaus vorhanden: Die Zahlen der internen PD- und HHD-Kurse für Pflege und ärztliches Personal sowie die daran Teilnehmenden hätten zugenommen. Die Verteilung sei indes unterschiedlich, skizzierte Kleophas, es gebe Zentren mit bis zu 20 Prozent Heimanteil, bei anderen sei das Verfahren unterrepräsentiert. Er verwies auf das eigene „Home First“-Initiative und die Bedeutung des Heimverfahrens in der Green-Dialysis-Strategie. Unter Umständen könnte die inkrementelle Dialyse (individueller Dialysebeginn ja nach vorhandener renaler Restfunktion, Anm.) ein Einstieg in die HHD sein.

Workshops und Podiumsdiskussion

Der zweite Kongresstag begann mit einem Workshop-Block, bei dem die Teilnehmenden aus vier Themen wählen konnten: „Das Nadelöhr – die Selbstpunktion in der HHD“ mit Patientenvertreterin Stephanie Neuhäuser; „Technik, Installation und mehr bei Heimhämodialyse“ mit Jürgen Frohme vom KfH-Nierenzentrum Köln-Merheim und dem KfH-Hygieneexperten Andreas Canisius; „Virtual Reality – was ist dran und wann einsetzen“ mit KfH-Pflegexpertin Cornelia Mikut; „Heimhämodialyse-Programm etablieren“ mit Dr. Frank Merkel, leitender Arzt im KfH-Nierenzentrum Köln-Merheim.

In einer von Prof. Dr. Dieter Bach moderierten Podiumsdiskussion rund um die Heimdialyse in Deutschland und Europa gaben Fachleute aus Nephrologie und Patientenvertretung ihre Meinungen kund. Prof. Dr. Martin Kuhlmann, stellvertretender DGfN-Präsident vom Vivantes-Klinikum Berlin, erinnerte daran, wie wichtig die Unterstützung durch die Ausbildung ist. „In den meisten Kliniken ist keine PD vorgesehen.“ Zwar habe die DGfN vor einigen Jahren einen 10-Punkte-Plan zur Stärkung der Heimdialyse veröffentlicht, „aber ein Plan alleine löst das Problem noch nicht“. Der Belgier Prof. Dr. Raymond Vanholder, Präsident der European Kidney Health Alliance (EKHA), findet, eines der Hauptprobleme in Deutschland für die Heimdialyse sei ein fehlendes Register. Es gebe nicht ausreichend Daten, um Verfahren zu vergleichen und damit auf die Politik zuzugehen. Für die Arbeit der Pflege vermisst KfH-Expertin Cornelia Mikut „Qualitätsparameter“. Sie wünscht sich insbesondere den Aufbau einer Pflegewissenschaft innerhalb der Nephrologie. Der Spanier Daniel Gallego, Präsident der European Kidney Patients‘ Federation (EKPF), wünscht sich eine technologische Innovation, damit in der HHD der vaskuläre (Nadel-)Zugang weniger bedeutsam wird. Bis zu 30 Prozent Heimdialyse sei machbar. Isabelle Jordans, Vorsitzende des Bundesverbands Niere e.V., ist es wichtig, die Patientinnen und Patienten einzubeziehen und gut aufzuklären, dass es die Heimdialyse als Option gibt. Es gehe darum, sie „fit zu machen, sodass sie zum Shared-Decision-Making in der Lage sind“. Manuela Dejean, die sich als Deutsche in der französischen Heimdialysepatientenvereinigung engagiert, schilderte, wie in Frankreich Patientinnen und Patienten zu mehr Autonomie angeleitet werden. Sie würde sich wünschen, dass auch in Deutschland Patientenvereinigungen im Krankenhaus mehr eingebunden würden. Ein Problem in der ärztlichen Weiterbildungsordnung sieht Tobias Cramer vom Verein Heim Dialyse Patienten e.V. Der Neurologe fordert Mindestmengen von HHD-Patientinnen und -patienten für Dialysezentren sowie Kooperationen von Dialysepraxen für mehr Behandlungsroutine. An die besondere Rolle der Kinderdialyse erinnerte Prof. Dr. Lutz Weber: „Die PD ist für Kinder das medizinisch zu bevorzugende Verfahren und kann assistiert zu Hause durchgeführt werden.“ Allerdings fordert er angesichts der besonderen Belastungen „bessere Auffangmöglichkeiten für die Familien“ in psychosozialer Hinsicht.

Die Rolle der Heimhämodialyse

Den Themenbereich zur HHD eröffnete der belgische Nephrologe Prof. Dr. Raymond Vanholder, Präsident der European Kidney Health Alliance (EKHA) und emeritierter Professor der Universität Gent, mit einem Vortrag unter dem provokanten Titel „Können wir uns HHD in der Zukunft noch leisten?“ Vanholder skizzierte Vor- und Nachteile des Verfahrens und sieht für jedes Gegenargument eine Lösung. Die Mehrheit der Patientinnen und Patienten wie auch der Nephrologinnen und Nephrologen wollten mehr HHD, allerdings zeigen die aktuellen Zahlen ein anderes Bild: Rund 90 Prozent aller dialysepflichtigen Europäerinnen und Europäer dialysieren in einem Zentrum, knapp 9 Prozent nutzen die PD zu Hause, nur 1,4 Prozent die HHD. Was läuft falsch? Patientinnen und Patienten seien unzufrieden mit der Information über die HHD, auch das Fehlen assistierter Behandlungsmodelle und die Kostenerstattung seien Hürden. „In den meisten Ländern bevorzugt die Erstattung die Zentrumsdialyse“, stellte Vanholder fest. Seine Schlussfolgerung: HHD und die Heimdialyse insgesamt schöpfen ihr Potenzial in Europa nicht aus, das ignoriere die vielfältigen Vorteile der HHD. Die zukünftigen Rahmenbedingungen würden die Medizin jedoch in Richtung von Heimtherapien drängen. Eine verbesserte Information der Patientinnen und Patienten, ihre gemeinsame Entscheidungsfindung mit Ärztinnen und Ärzten sowie politische Entscheidungen würden in Zukunft wichtige Katalysatoren für die Heimverfahren sein, so Vanholder.

Prof. Dr. Roland Schmitt, Leiter der Nephrologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein und zuvor Ärztlicher Leiter am KfH-Nierenzentrum Hannover-Stadtfelddamm, behandelte in seinem Vortrag, was künftig noch für die HHD in Deutschland zu tun ist. Dabei fasste er noch einmal die Vorteile des Verfahrens aus Patientensicht zusammen: Kompatibilität mit dem Berufsleben, spontanere Lebensführung, Selbstbestimmung, Flexibilisierung des Alltags und Unabhängigkeit. Ein wesentlicher Vorteil für Anbieter sei die Personaleinsparung durch HHD in Zeiten des perspektivisch zunehmenden Fachkräftemangels. Zwar sei die häufigere Dialyse der natürlichen Nierenfunktion näher und die beste Möglichkeit hierfür böte die Heimdialyse, gleichwohl verwies Schmitt auf das Fehlen unverzerrter vergleichender Studien zwischen Zentrums- oder Heimdialyse. „Es lässt sich nur sicher sagen: Häufigere HHD ist per se sicher medizinisch nicht nachteilig.“ Nach Schmitts Ansicht habe Deutschland „Premiumvoraussetzungen“ für die HHD: eine hochentwickelte Infrastruktur mit sehr sauberem Wasser, zuverlässigem Strom und unkomplizierter Logistik; einen Vergütungsvorteil für Anbieter; einen finanziellen Ausgleich für Patientinnen und Patienten (Strom- und Wasserpauschale; Umbaukosten); ein klares Commitment der Industrie. Schmitt appellierte, medizinisches Personal mehr in Heimdialyse zu schulen und sogenannte Schwelleneffekte zu nutzen. Um erfolgreich zu sein, müsse der Heimdialyseanteil in Zentren und Praxen über gewisse Anteile steigen. Er verwies hier auf das am UKSH gestartete Modellprojekt SKIP-SH (Sektorenübergreifende Koordinierungsstelle zur nachhaltigen Intensivierung der PD in Schleswig-Holstein), um den PD-Anteil im nördlichsten Bundesland stärken. Vorbild ist speziell das Nachbarland Dänemark mit einem PD-Anteil von knapp 23 Prozent. „Von anderen lernen“ sei auch in puncto HHD die Maxime, man solle den Dialog mit Ländern suchen, in denen dieses Verfahren häufig anzutreffen ist.

Potenzielle Innovationen für die Nierenersatztherapie der Zukunft stellte Prof. Dr. Fokko Wieringa vom belgischen Interuniversity Microelectronics Centre (IMEC) vor. Das Ziel des Ingenieurs ist die implantierbare künstliche Niere für größtmögliche Lebensqualität, bessere ökologische Bilanz und geringere Kosten. Für Wieringa ist die Heimdialyse die Zukunft. Von schon vorhandenen kleinen PD- und Hämodialyse-Single-Pass-Geräten mit einmaligem Wasserdurchlauf geht für ihn die Entwicklung idealerweise hin zu Hämodialysemaschinen, die keinen Nadelzugang zum Blutkreislauf mehr erfordern. „Das Blut bleibt im Körper“, lediglich kleinere Geräte für den Dialysatkreislauf würden bei seiner Vision implantierbarer Dialysefilter benötigt. Wieringa berichtete von zwei Forschungsprojekten dazu in den USA und in Europa.

Das Schlusswort hatte Prof. Dr. Lutz Weber aus der wissenschaftlichen Leitung des Kongresses, der auch Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie (GPN) ist. Weber bilanzierte: „Wir sehen, dass sehr vieles möglich ist, aber wir dürfen nicht in diesen Möglichkeiten verharren, sondern müssen jetzt den Startknopf drücken.“

Impressionen sowie die Programme vergangener Heimdialysekongresse finden Sie hier:

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